Fertigungstechnologie: vom Einzelstück zur Massenware zum Einzelstück

Oft gefährlich: Jagdwild

Wie kollektiv verfügbares Wissen unseren Konsum verändert

Es war einmal….

… ein Jäger, der mit einem aus Stein gehauenen Messer auf die Jagd ging. Zwar erlegte er oft seine Beute, aber durch die große Nähe zum Tier wurde er dabei leider auch häufig verletzt. Auf Dauer konnte das so nicht weitergehen!

Ein schlauer Kopf kam nun auf die Idee, einen langen Ast mit einer Spitze am Ende zu versehen. Mit dem bereits vorhandenen und erprobten Messer war dies ja kein Problem. Der Speer, die erste Distanzwaffe, war geboren! Für viele Jahre und Generationen war diese Waffe ausreichend.

Schneller Vorlauf um rund 30.000 Jahre*…

 … und zu lange schon ist der Speer unverändert im Einsatz. Die Lebensbedingungen haben sich verändert. In manchen Regionen ist das jagbare Wild seltener geworden. In vielen Regionen der Erde ziehen die Menschen nicht mehr mit den Herden mit. Rund um die immer dichter besiedelten Wohnorte ist das jagbare Wild seltener geworden, die Konkurrenz der Jäger untereinander aber gestiegen. Ein neuer, leistungsfähigerer Speer muss her.

Ein anderes Material wird benötigt, um die neuen Eigenschaften zuzulassen. Für diese neue Waffe braucht es langjähriges Wissen, Forscher und komplexe Maschinen. Ein Unternehmen entsteht rund um die Fertigung dieser neuen Wunderwaffe. Die erste indirekte, nicht vom Nutzer erstellte Produktionsstätte ist geboren.

Allerdings ist das Unternehmen nicht mehr in der Nähe der Jäger, insofern müssen diese nun auf geeignete Weise über die Verfügbarkeit des neues Hilfsmittels in Kenntnis gesetzt werden. Jemand findet sich bereit dies zu tun. Er reist herum, zeigt und erklärt die neue Waffe. Einzelne Jäger kaufen und benutzen diese und geben Ihre Erfahrung weiter. Der erste Marketing-  und Vertriebskreislauf ist geboren.

Wir machen einen weiteren Zeitsprung …

… und sind plötzlich, von heute aus betrachtet, in der Zukunft angelangt. Der Jäger ist längst vom Speerwerfer im Profisport abgelöst, und dieser möchte wieder seine eigenen Speere fertigen. Zu speziell und einzigartig sind die Anforderungen mittlerweile. Glücklicherweise haben sich auch die Kommunikations-, Vertriebs- und Fertigungsmechanismen deutlich flexibler entwickelt, als man es hätte erwarten können.

Wissen und Fertigungstechnologie sind zum kollektiven Allgemeingut geworden: für jeden zu jeder Zeit verfügbar. Der Speerwerfer von heute nutzt das kollektive Wissen der Materialspezialisten, des Fertigungsunternehmens seiner Wahl und dessen Maschinen, teilt nur noch seine Wünsche und Vorgaben mit und erhält den perfekt auf seine Ansprüche zugeschnittenen Wurfspeer. Für virtuelle Produkte würde man diese Vorgehensweise heutzutage Cloud-Computing nennen, in der Realwelt haben wir noch keinen Namen. Noch nicht …

Wir befinden uns auf direktem Wege zur vollständig personalisierten Ware oder Marke. Dieser Trend gilt nicht nur für die herstellende Industrie, es ist ein vom Verbraucher und dessen Anspruch geprägter Umbruch.

Mit diesem Umbruch und den daraus entstehenden Konsequenzen müssen sich Unternehmen auseinander setzen. Dieser Umbruch muss seinen Anschluss in den Köpfen der Mitarbeiter und Unternehmensprozesses finden. Wenn dies nicht geschieht, verliert das jeweilige Unternehmen seine Relevanz und jemand anderes stellt den neuen Lieblingsspeers des Jäger her.

Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.

Kontakt: magazin@digitaltempus.comwww.digitaltempus.de

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*Der Autor erhebt an dieser Stelle keinen Anspruch auf eine korrekte Zeitangabe.

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