Planung – was bedeutet das eigentlich?

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In diesen Tagen wird viel über „Big Data“, über „S&OP“ und vielerlei andere sogenannte Buzzwords gesprochen. Alle reden irgendwie mit, aber hierbei wird allzu häufig vergessen, die Grundlagen der Begriffe und ihre Bedeutung für die Wertschöpfung in Unternehmen zu erklären. Denn leider übersehen sowohl die Softwarehersteller als auch viele Unternehmensberatungen, dass nicht jeder ein umfängliches Bild und ein genaues Verständnis der Zusammenhänge hat. Die Schnelligkeit der heutigen Zeit tut dann schnell ein übriges – Verwirrung ist noch das beste Ergebnis. Dieser Artikel bringt Ihnen die Basis näher, kurz und knapp. Versprochen!

Was bedeutet „planen“ im Geschäftskontext, warum ist es sinnvoll und welchen geschäftlichen Nutzen bringt es?

Das Verb „planen“ bedeutet umgangssprachlich den Entwurf jeglicher in die Zukunft gerichteter Handlungen. Im Unternehmen findet „Planung“ entlang der Wertschöpfungskette statt; also zum Beispiel vom Produktionsstandort zum Verbraucher. Dazwischen liegt in der Realität ein komplexes Netzwerk von Einzelkomponenten.

Planung versucht in der Regel, die vom Verbraucher („Demand“-Seite) nachgefragten Güter auf dem schnellsten und kostengünstigsten Weg zu erstellen und zu liefern. Natürlich idealerweise ohne Wartezeiten – wie der Brotkauf bei Tante Emma. Da warten Sie ja auch nicht eine Woche, oder? Diese zeitnahe Bereitstellung von Dingen, die der Verbraucher kauft, führt zu einem gut funktionierenden Geschäft. Vorausgesetzt natürlich, Sie haben den Preis sinnvoll festgelegt, aber davon gehen wir einmal aus.

Können Sie nicht liefern, geht der Kunde vielleicht zur Konkurrenz. Sind Sie zu teuer, geht er auch. All diese und noch viele andere Parameter sind Bestandteil der Planung und Steuerung. Vieles davon ergibt sich aber schon bei der schlichten Betrachtung mit gesundem Menschenverstand.

In welchen Bereichen wird also geplant?

In der Absatzplanung (Demand Planning) wird versucht, aus Sicht des Verbrauchers vorauszudenken und zu planen. Was wird dieser oder jener Verbraucher wohl in den kommenden Monaten kaufen und wie viel davon? Die möglichst direkte und natürlich wirtschaftliche Belieferung des Kunden mit der bestellten Ware ist das simple Ziel. Aus diesen Umsatzannahmen (reine Schätzung) ergeben sich dann wiederum Abhängigkeiten, die für einen anderen Bereich (Supply – aus Sicht der Herstellung) notwendig sind.

Aber was heißt konkret aus Sicht des Verbrauchers planen?

Beispiel:

  • Sie sind Hersteller von Speiseeis.
  • Es gibt die Sorten Erdbeere, Schokolade und Vanille.
  • Sie sind am Standort Deutschland mit 20 Filialen vertreten oder beliefern diese.
  • Sie haben die Standorte nach Bundesland, Region, Stadt und sogar Stadtteil eingeteilt.
  • Sie kennen Ihre Monatsverkäufe in KG Speiseeis pro Sorte, Bundesland, Region, Stadt und Stadtteil.

Sie können nun die folgenden Planungsfragen stellen:

  1. Wie viel Speiseeis habe ich verkauft? Das bedeutet: über alle Sorten und deutschlandweit. Die Gesamtmenge*Preis ergibt den Umsatz (grob).
  2. Wie viel Speiseeis habe ich pro Sorte  und deutschlandweit verkauft?
  3. Wie viel Speiseeis pro Sorte habe ich in Berlin verkauft, und wie ist die Rangfolge der Städte pro Jahr?

Sie sehen, es ergeben sich schon aus diesem simplen Beispiel viele Planungsfragen und Sichtweisen. Planung geht aber noch weiter. Denn was wir wirklich wollen und brauchen, ist ein Verständnis für das, was kommt. Also: Was werde ich vermutlich im 1. Quartal des folgenden Jahres verkaufen, nächsten Monat, in zwei Monaten …?

Zentrale Frage: Was passiert in der Zukunft?

An dieser Stelle sind wir nun am wirklich zentralen Bereich der Absatzplanung angekommen, der Frage: Was passiert in der Zukunft? – Der Absatzplaner nimmt in der Regel die historischen Daten der Vergangenheit (siehe oben) und erstellt unter Hinzunahme von ein wenig Mathematik eine Aussage über die wahrscheinliche Zukunft: eine Absatzprognose.

„Mathematik“, sagen Sie? „Klingt kompliziert!“ Kann es sein, muss es aber nicht. Ohnehin erledigen diesen Teil für den Planer die gängigen Planungssysteme.

Ein Hinweis an dieser Stelle: Planungssystem ist nicht gleich Microsoft Excel (ein großartiges Werkzeug; aber nicht hierfür!) und kein Planungstool macht, entgegen der Aussagen der Hersteller, die Prognose allein. Glauben Sie solche Aussagen bitte nicht.

Aber zurück zum Thema: Eine einfache Prognose, abgeleitet aus Ihren historischen Daten, könnte schon weiterhelfen. Nehmen Sie den Durchschnitt der Abverkäufe der letzten 6 Monate, und Sie haben eine solche einfache Prognose. Obwohl dies simpel scheint, ist es besser als nichts. Wenn Sie diese Prognosen speichern und später anschauen, können Sie sehen, wie gut oder schlecht Sie geschätzt haben. Wenn sie allein letzteres vollziehen, sind Sie in Ihrer Absatzplanung schon einen Riesenschritt weiter.

Von „Demand“ zu „Supply“

Dieses erste Ergebnis, unabhängig wie es im Detail entstanden ist, nennen wir nun die Absatzplanzahlen: das Ergebnis aus dem Demand-Bereich (deutsch: Nachfrage). Jetzt weden wir uns dem Bereich zu, der für die Bereitstellung oder Herstellung zuständige ist: Supply (deutsch: Versorgung, Bereitstellung). Die Kollegen im Supply-Planungsbereich können aber mit Ihren Monatswerten allein noch nicht wirklich etwas anfangen. Da Supply zumeist auf Wochenbasis arbeitet, müssen die Monatswerte zunächst auf geeignete Weise heruntergebrochen werden. Im Zweifel nimmt man einfach den Monatswert und teilt ihn durch 4).

Mit diesen Zahlen ausgestattet, kann sich die Supply Seite nun überlegen, was aus ihrer Sicht zu tun ist, um den Vorgaben durch rechtzeitige Herstellung gerecht zu werden. Schließlich kann das Unternehmen den Kunden nur beliefern, wenn auch tatsächlich Ware vorhanden ist.

Selbstverständlich ist der tatsächliche Ablauf weit detaillierter und komplizierter, im Hinblick auf die Lesbarkeit dieses Artikel belassen wir es aber dabei.

Welche Abhängigkeiten bestehen zwischen den Bereichen und was ist zu tun?

Wie bereits beschrieben gibt es eine direkte Abhängigkeit zwischen dem Kundenbedarf, der Absatzplanung und der resultierenden Herstellung. Ein guter (Absatz-) Plan versteht den Kunden, den Markt und dessen Dynamiken. Er erlaubt zugleich ein flexibles Handeln bei Störungen und Veränderungen.

Die oberste Notwendigkeit sind hierbei die Kommunikation zwischen allen Beteiligten und das Verständnis aller (Vertrieb, Marketing, Absatzplanung, Herstellung), dass diese Kommunikation zwingend erforderlich ist.

Jeder Unternehmensbereich kann und sollte seine eigene Planung machen. Dann aber müssen die Ergebnisse im größeren Kreis diskutiert sowie bereichsübergreifend und bindend für alle festgelegt werden. Diesen gesamten Bereich nennt man dann auch S&OP – Vertriebs- und Operationsplanung. Diese ist nochmals aufwändiger, ich habe sie aber an anderer Stelle bereits ausführlich erläutert. 

Erfordernisse in der Planung – noch einmal zusammengefasst:

  1. Wir wollen unseren Kunden verstehen und dessen Bedarfe so zeitnah wie möglich decken, und das pro-aktiv.
  2. Wir sind als Unternehmen verpflichtet, dies gewinnbringend zu tun, müssen dabei aber zugleich die Marktrealität berücksichtigen.
  3. Wir planen und wir kommunizieren die Ergebnisse unser Planung.
  4. Einmal im Monat erstellen wir den allgemein gültigen Absatzplan. Dieser steuert dann die Herstellung und alles sich daraus Ergebende.
  5. Wir speichern diese Vorhersagen und vergleichen sie später mit der Realität, um aus dem Ergebnis (Vorhersage – Wirklichkeit = Fehler) zu lernen. Dieser Schritt ist wirklich wichtig!

Das Zusammenspiel zwischen Vertrieb, Marketing, der Planungsabteilung, der Einkaufsabteilung und dem herstellenden Bereich sind der Schlüssel für eine funktionierende Basisplanung. Im Zentrum steht immer der Kunde am jeweiligen Markt.

Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.

Kontakt: magazin@digitaltempus.comwww.digitaltempus.de

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