Ab morgen machen wir Absatzplanung! Bloß wie?

Planung

Ihr Chef hat entschieden, die Planung unternehmensweit zu automatisieren. Und Sie sollen es nun richten. Aber wie? Wo anfangen? Es gibt so viele Meinungen und noch mehr Anbieter! Dieser Artikel zeigt Ihnen auf, worauf Sie besonders achten sollten, welche Fragen die vordringlichen sind, was Sie am Anfang getrost vernachlässigen können und was Sie in jedem Fall von vornherein berücksichtigen müssen.

Was Planung bedeutet und welche Teilbereiche der Planung innerhalb eines Unternehmens es gibt, habe ich bereits in diesem Artikel betrachtet. Hier möchte ich noch einmal einige grundsätzliche Dinge klarstellen:

Wahrheiten statt häufiger Irrtümer
  1. Ihr Unternehmen, Ihre Branche ist nicht speziell.
  2. Die Absatzprognose Ihrer Vertriebs- oder Marketingorganisation kann durch gezielten Einsatz von Mathematik verbessert werden.
  3. Planung bedeutet nicht nur die Einführung eines Softwaresystems, und Microsoft Excel oder ähnliche Produkte sind dafür nicht geeignet.
  4. Planung kann nur funktionieren, wenn alle mitmachen. Alle bedeutet: alle Abteilungen.
  5. Ihre Entscheidung für eine strukturierte und in Teilen automatisierte Planung bedeutet den Beginn eines langfristigen Lernprozesses. Es ist kein kurzfristiges Projekt.
  6. Sie werden Fehler machen, egal wie viel Mühe Sie sich geben. Aber das ist absolut in Ordnung, solange Sie daraus lernen.
  7. 10.000 oder sogar 100.000 Artikel sind heutzutage kein Planungsproblem – nicht aus Systemsicht, nicht mit dem richtigen Ansatz.
  8. Es gibt kein perfektes Planungssystem, keinen perfekten Prozess und auch kein Unternehmen mit denselben. Es gibt Unternehmen mit dem Verständnis dafür, dass integrierte Planung notwendig ist sowie dem Willen und den Fähigkeiten, dieser Notwendigkeit Rechnung zu tragen. Darüber hinaus wird es noch für ein paar Jahre die Verweigerer geben, aber diese werden stetig weniger. Ohne Planung, ohne systemgestützte und prozessgetriebene, unternehmensübergreifende Gesamtplanung geht es nicht.
  9. Die Einführung von Prozessen und Systemen muss mit den Mitarbeitern, in deren Köpfen beginnen. Nur so haben Sie eine Chance auf nachhaltigen Erfolg.
  10. Es ist nie zu spät. Fangen Sie jetzt sofort an!

Nachdem wir die wesentlichsten Missverständnisse ausgeräumt haben, widmen wir uns nun der Frage, wie es besser gehen kann. Fangen wir damit an, alle Beteiligten mit ins Boot zu holen, auch wenn es hier zumeist Widerstände gibt. Niemand muss zu diesem Zeitpunkt irgendeiner Veränderung zustimmen, niemand muss etwas kaufen. An dieser Stelle erwarten wir nur ein wenig Offenheit und die Bereitschaft, unterschiedliche Meinungen offen zu thematisieren. Diejenigen, die alles von vornherein, oft pauschal und mit Verweis auf die vielen gescheiterten Versuche anderer ablehnen, sind nun aufgerufen, Fakten vorzulegen.

Wir benötigen mindestens einen erfahrenen und einen weniger erfahrenen Mitarbeiter pro Abteilung oder Business-Unit. Schaffen Sie im eigenen Interesse ein Mischung aus Bewahrern und Erneuerern. Mischen Sie jüngere und ältere, erfahrene Mitarbeiter. Zu diesem Zeitpunkt muss jede Frage erlaubt sein – auch jede dumme.

Folgende(n) Fragen sollten Sie sich stellen:
  1. Was soll am Ende erreicht werden? Welche Vision steht über allem?
  2. Ist Budget vorhanden oder muss zunächst ein Geschäftsplan erstellt und das Budget erarbeitet werden?
  3. Gibt es bereits ausreichend Schmerzpunkte, die das Planungsthema forciert haben oder ist die derzeitige Diskussion eher pro-aktiv oder eventuell eher dem Zeitgeist geschuldet?
  4. Was oder welche Bereiche sollen geplant werden und in welcher Reihenfolge, mit welcher Priorität?
  5. Was ist das absolute Minimum an Planungsumfang, was wäre die Luxusfassung?
  6. Welche Begriffe haben Sie im Zusammenhang mit Planung bereits gehört und sind diese verstanden (S&OP, Absatzplanung, Supply Chain Management, Supply Planning, Demand Planning, Wertschöpfungskette, Prognose …)?
  7. Von welchen Planungssystemen haben Sie bereits namentlich gehört und wie waren die Aussagen (positiv, negativ, Kosten …)? Wie verlässlich sind die Zeugen?
  8. Verfügen Sie über ausreichend Wissen im eigenen Haus und sind Sie sich dessen absolut sicher? Es ist keine Schande, an dieser Stelle auf externe Hilfe zurückzugreifen.
  9. Besteht interner Konsens hinsichtlich der Tatsache, wo und wie die Reise beginnen soll – Konzept, dann Prozess und Technik oder Technik?
  10. Wer stellt innerhalb der Gruppe Fragen, an wen und wie werden die Antworten bewertet?

Hier eine kleine und unvollständige Aktionsliste der „Mit-Spieler“, nämlich der Anbieter für Beratungsleistung und Software. Klarheit sorgt auch hier für besseres Verständnis der Abläufe und Zusammenhänge. Die Unternehmen, mit denen Sie zu tun haben werden, teilen sich häufig in:

Die Mit-Spieler
  1. Strategische Berater: Diese helfen mit der Strategie, nicht aber bei der Umsetzung.
  2. Taktische Berater: Diese setzen überlichweise die Details um, machen also die Arbeit.
  3. Systemhäuser (Implementierer): Diese installieren die jeweilige Softwarelandschaft, gemäß der geschaffenen Spezifikation. Sie erarbeiten keine Prozesse, Prozesstrategien oder Visionen.
  4. Softwarehersteller: Diese erledigen weder die Aufgaben aus #1. noch aus #2., sondern sie erstellen und verkaufen Software. Es ist wichtig, dies frühzeitig zu verstehen, ansonsten droht Unheil. Bitte verstehen Sie das nicht falsch. Auch diese Mit-Spieler erledigen ihre Arbeit auftragsgemäß. Es ist einfach wichtig, keine falschen Erwartungen zu haben.

Die Aufgabe der Gruppe besteht nun darin, einen ersten Entwurf des möglichen neuen Ablaufes (Prozess) und der dafür notwendigen Informationen zu erstellen. Hierbei sollte ruhig mit ein wenig Weitsicht gearbeitet werden. Es ist aber extrem wichtig, nicht das perfekte System erstellen zu wollen. Bleiben Sie pragmatisch, arbeiten Sie in kleinen überschaubaren und überprüfbaren Schritten. Nehmen Sie Ihre neu erstellte Planungslandschaft und testen Sie den Ablauf und die Ergebnisse über Papier-basierte Versuche innerhalb der Gruppe. Schon kleine Prüfungen zeigen häufig Fehlkonstruktionen auf, die später sehr teuer in der Beseitigung wären. Es gibt hier keine Abkürzung!

Protokollieren Sie Ihre Arbeit: die Erfolge wie die Misserfolge. Dies verhindert die Wiederholung von Fehlern und erleichtert das Verständnis für die innere Dynamik eines solch komplexen Lernprozesses. Wesentlich bei allem muss sein, vorher gesteckte Zwischenziele zu erreichen. Ansonsten verlieren Sie das Vertrauen Ihrer Sponsoren und die positive Grundstimmung im Team. Nichts motiviert so stark wie Erfolg.

Jetzt kann es losgehen. Viel Spass und viel Erfolg!

PS: Wissen Sie noch, warum das Thema „Planung“ überhaupt aufgekommen war?

Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.

Kontakt: magazin@digitaltempus.comwww.digitaltempus.de

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