Derzeit machen sich sich viele Menschen Sorgen um die Nutzung und Speicherung ihrer Daten. Ausgerechnet jetzt tritt ein großer Lebensmittelhersteller in den USA mit einer völlig neuen Offerte an die Verbraucher heran, die auf Daten basiert, welche privater und persönlicher kaum sein könnten. Dennoch könnte das Angebot zum Erfolgsmodell werden, weil es eine große Verbesserung von Genuss und damit Lebensqualität verspricht. Wir stellen vor: FlavorPrint – ein angewandtes Social Media Konzept des US-amerikanischen Unternehmens McCormick. Diese Idee soll Verbrauchern und Hersteller gleichermaßen Nutzen bringen. Worum es genau geht und welche Auswirkungen dieser neue Denkansatz auch in Deutschland mit sich bringen wird, damit beschäftigt sich dieser Beitrag.
Wie funktioniert FlavorPrint?
Worum geht es bei FlavorPrint genau? Im Prinzip handelt es sich um ein differenziertes Geschmacksprofil. Anhand von vorgegebenen Aromen (derzeit 21) wird über einen Fragekatalog und mit Bezug auf konkrete Produkte (Lakritze, Spinat …) ein individueller Geschmacksfingerabdruck erstellt. Ich habe es selbst getestet: In meinem Fall setzten sich die Komponenten lakritzig, käsig und tomatig durch. Hier können Sie Ihr eigenes Ergebnis ermitteln.
„Das ist aber sehr persönlich!“, sagen Sie. Stimmt! Aber auch ziemlich interessant, oder nicht? Gerade weil diese Klassifizierung ebenso neu wie höchst individuell ist, macht sie sehr neugierig. Oder haben Sie schon jemals erlebt, dass es möglich ist, den eigenen Geschmack umfassend zu beschreiben, aufzuzeichnen und zu übermitteln?
Was ist der Nutzen des Geschmacksfingerabdrucks?
Abgesehen davon, dass das Konzept interessant und spannend ist: Was hat der Verbraucher konkret von den Ergebnissen? Er kann mit Hilfe des individuellen Geschmacksprofils genau die Gewürze auswählen und kombinieren, die seinen Vorlieben entsprechen. Die Speisen, die damit zubereitet werden, schmecken subjektiv auf Anhieb besser. Für den Verbraucher entsteht Mehrwert, weil sich ein Hersteller direkt seiner wichtigen Themen annimmt und ganz persönlich auf seine Bedürfnisse eingeht.
Und was ist der Nutzen für den Gewürzhersteller McCormick? Was denken Sie? – Genau: McCormick hat bereits über die interaktive Ermittlung einen direkten Kanal zum Verbraucher etabliert, mit dem er bisher nicht unmittelbar im Kontakt war. Über die Kombination aus so etwas Elementarem wie Nahrungsmitteln, aus ganz persönlichen Vorlieben und aus der gezielten Darreichung der richtigen Gewürze wird Relevanz erzeugt: Das Produkt des Herstellers (Gewürz) bekommt Bedeutung beim Konsumenten. Auf diese Weise werden die Marke und die damit verbundenen Produkte in positiver Art gestärkt.
„Ganz nebenbei“ bekommt McCormick einzigartige Einsichten in die Verbraucherpersönlicheit und die der Communities. Letztlich, und das ist nicht minder wichtig, gewinnt der Hersteller auf diese Weise zugleich wertvolle Signale, die in den internen Planungsprozessen von großem Wert sind.
Personalisierung: nicht ganz neu – und doch hier anders
Bei aller Euphorie über die Idee muss allerdings auch festgehalten werden, dass die Personalisierung als Konzept natürlich nicht neu ist. Unternehmen von Amazon bis Zalando setzen diese auf die eine oder andere Art schon seit langem ein. Allerdings kommt es immer wieder zu starken Qualitätsschwankungen in den Auswertungen. Das Resultat sind oft völlig fehlgeleitete Angebote. Jeder kennt dies vermutlich aus den teilweise lustigen Inhalten diverser SPAM-Mails oder aus alles andere als passenden Werbeanzeigen in sozialen Netzwerken.
Im Fall von FlavorPrint macht die sehr hohe und direkte Koppelung der persönlichen Daten mit den Produkten das oben beschriebene Verfahren allerdings sehr interessant. Nicht zuletzt führt es, aus Verbrauchersicht betrachtet, zu präzise zutreffenden Angeboten.
Welche Perspektiven bietet das neue Angebot?
Die Einsatzmöglichkeiten, die sich aus dem persönlichen Geschmacksprofil entwickeln lassen, sind vielfältig. Aus Sicht des Verbrauchers sind allerlei Angebote rund um die eigenen geschmacklichen Vorlieben denkbar, von Cross-Selling bis hin zu gezielten Rabatt- und Werbeaktionen für bestimmte Gewürze und Speisen. Speisekarten, Getränkelisten, jeder Bereich, bei dem es um Beschreibung von Geschmack geht, könnte klassifizierte Profile nutzen, um dem Konsumenten genau zu ihm passende Angebote zu machen.
Aber auch aus Sicht des Herstellers stellt diese neue Idee einen Anfang dar. Er etabliert eine neue, subtile Art der Wahrnehmung, die weit über den direkten Absatz von Produkten hinausgeht. Der Geschmacksfingerabdruck verbindet auf einzigartige Weise Verbraucher, Marke und Produkt. Die größere Nähe zum Verbraucher macht es für den Hersteller leichter, dessen Konsumverhalten vorauszusehen und Marktforschung zu betreiben. Das wiederum hat unter anderem positive Auswirkungen auf die eigene Planungsrealität ebenso wie auf Marketingstrategien.
FlavorPrint ist ein gutes Beispiel für die neue Realität und den digitalen Wandel, bei dem der Verbraucher im Mittelpunkt steht. Mit dem richtigen Maß an kreativer Energie und Kapital sind die Möglichkeiten, die sich auch für deutsche Unternehmen bieten, riesig.
Nachtrag: 23.08.2014
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Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.