S&OP: Der wahre Kern der Vertriebs- und Operationsplanung

S&OP overview

Vom gestressten zum glücklichen Absatzplaner – Teil 5

Prozesse, Prinzipien und Prozent: So steigern Sie die Effizienz

Vorab zur Klärung, damit wir sicher sind, dass Leser (Sie) und Autor (ich) mit den gleichen Begrifflichkeiten arbeiten: Die Vertriebs- und Operationsplanung – englisch: Sales and Operations Planning oder kurz S&OP – beschreibt  den gesamtheitlichen Prozess der abteilungsübergreifenden Unternehmenssteuerung. Ziel ist die Erstellung eines unternehmensweiten Absatz- und Beschaffungsplans, der im Einklang mit den gesetzten Unternehmenszielen steht.

Funktionierende S&OP garantiert Effizienzgewinne und Nachhaltigkeit. S&OP startet üblicherweise im Bereiche der Herstellung (Supply). Sie befasst sich dort mit der Marktplanung, Produktbeschaffung und -herstellung. Über den Bereich Absatzplanung (Demand) findet sie den Schluss in einer sich zyklisch wiederholenden Führungs- und Entscheidungskonferenz, dem monatlichen S&OP Meeting. In diesem werden alle wesentlichen Daten und Sichten final ausgewertet, um die eine Steuerungswahrheit zu finden. S&OP umspannt den Bereich von der Produktgrobplanung (Master Scheduling) bis hin zur Finanzplanung.

S&OP Planungszyklus

Die Ausprägung des Prozesses, der Reifegrad innerhalb eines Unternehmens, wird häufig als Stufe oder Ebene innerhalb eines Reifeprozessmodels bezeichnet – Level of S&OP Maturity. Dabei werden zumeist 1-4 Stufen beschrieben.

Hierbei betrachten wir die Prozesse,  die Mitarbeiter und die eingesetzte Technologie:

Drei Fragen zur Betrachtung

  • Welche Prozesse sind etabliert und in welcher Ausprägung?
  • Inwieweit verstehen die Mitarbeiter diese Prozesse und sind in der Lage diese einzusetzen. Verstehen die Mitarbeiter das Gesamtbild und die externen Einflussfaktoren?
  • Welche Technologie wird eingesetzt, wo und wie effizient?

Jede Stufe definiert eine andere Ausprägung für die Bereiche Prozesse, Mitarbeiter und Technologie. Jede neue Stufe birgt das Potential, um neue Effizienzen zu schaffen, oder unterstützt die Nachhaltigkeit der bereits etablierten. Zumeist wird die vierte Ebene als Ende definiert: völlige Integration aller Bereiche oder auch Integrated Business Planning.

S&OP schema

Die wesentlichen Prinzipien der S&OP sind:

S&OP Grundprinzipien

  • S&OP muss als Weg verstanden werden, nicht als Projekt.
  • S&OP wird besser durch aktives Praktizieren und Reflektieren.
  • S&OP lässt sich nicht nur über ein Softwaresystem etablieren.
  • Der Vertrieb und die operativen Bereiche müssen zusammen arbeiten.
  • S&OP muss gegen einen Plan überprüft werden.
  • Planabweichungen müssen markiert und aktiv korrigiert werden.
  • Die S&OP-Kommunikation sollte durch ein monatliches Treffen formalisiert werden.
  • Produktgruppen und Qualitätsmaßstäbe müssen etabliert werden.
  • Resource Kapazitäten müssen eingeplant werden.
  • S&OP benötigt die aktive Teilnahme aller Gruppen.
  • S&OP definiert die Grenze und liefert Basisinformation für die Produkt-Grob- und Finanzplanung.
  • S&OP ist die Verbindung zwischen Kurz- und Langfristplanung.
  • S&OP beinhaltet Managementziele.
  • S&OP wird montlich überprüft und korrigiert.

Entscheidend für die Umsetzung einer S&OP Strategie ist die menschliche Vision und die Fähigkeit einen Umsetzungskonsens bei den Beteiligten zu erzeugen. Nur wenn jeder Teilnehmer die Wertschöpfung erkennt und versteht wird sich eine langfristige und damit nachhaltige Umsetzung erzielen lassen.

Sind die Prinzipien erfolgreich umgesetzt, sind auf der zweiten Ebenen die folgenden Effizienzsteigerungen möglich:

Effizienzsteigerung in Prozenten

  • Prognose- oder Planungsfehlerreduktion von 20-25%
  • Bestandsreduktion von 5-10%
  • Erhöhung der Umschlagshäufigkeit von 5-10%
  • Verbesserung des Service Levels von 5-10%
  • Erhöhung des Umsatzes um 2-5%
  • Verbeserung des Rationalisierungsgrads SKU von 10-20%

Quelle: IBM

Erfolgscheck nach Liste

Im Folgenden stelle ich Ihnen einige Prüflisten zur Verfügung, mit denen Sie einen besseren Überblick über Qualität und Erfolgsaussichten Ihrer Vertriebs- und Operationsplanung gewinnen.

Checkliste Sales and Operations Planning – Vertriebs- und Operationsplanung
  • Sind die Daten aktuell und richtig?
  • Sind die Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens klar?
  • Wird ein Planungshorizont von mindestens 18-24 Monaten berücksichtigt?
  • Wird Volumen auch in Wert (Euro) ausgedrückt?
  • Sind Seniorvertreter (C-Level) im S&OP-Führungskreis vertreten?
  • Beinhaltet der Prozess eine Kapazitätsbetrachtung?
  • Werden Entscheidungen pro-aktiv getroffen?
  • Wird der aktuelle Wert dem projizierten Wert gegenübergestellt (Fehler)?
  • Findet das S&OP-Treffen monatlich statt?
  • Wird die Differenz zwischen S&OP-Plan and Finanzplan monatlich betrachtet?
Checkliste Performance Management
  • Vertriebsprojektion versus statistischer Prognose?
  • Kosten versus Plan?
  • Profit versus Plan?
  • Kundenservicelevel versus Plan?
  • Bestand versus Plan?
  • Backlog versus Plan?
  • Produktion versus Plan?
KPI Sales and Operations Planning
  • Prognosegenauigkeit in % (Planung)?
  • Grad der Einhaltung des Produktionsplans?
  • Bestand (Days of Supply)?
  • Umschlagshäufigkeit (Inventory turns)?
  • Prognosegenauigkeit in % (Finance)?
Checkliste – Demand Review
  • Sind Marketing- und Vertriebsaktivitäten berücksichtigt?
  • Ist eine Basisprojektion, ein statistischer Forecast für den Planungsbereich erstellt?
    • Basierend auf historischen Werten
    • Basierend auf Marketingdaten
    • Basierend auf Produktdaten
    • Basierend auf Vertriebsdaten
    • Basierend auf Verteilungsplänen
  • Gibt es eine quantitive Aussage für zukünftige Nachfrage pro Produktfamilie, Kategorie o. ä.?
  • Sind die Treiber für die Bereiche Kunde, Region, Vertriebskanal bekannt?
  • Welche Annahmen, Beschränkungen, Risiken und Möglichkeiten sind bereits indentifiziert?
Checkliste – Executive S&OP Review
  • Welche externen (PEST) Faktoren werden Auswirkungen auf den S&OP-Prozess haben und wie sind die Prioritäten?
  • Sind folgende Fragen klar?
    • Welche Produkte werden in welchen Märkten zu welchem Zeitpunkt verkauft?
    • Wer ist verantwortlich für Differenzen zwischen dem S&OP und dem strategischen Plan?
  • Welche Risiken birgt der Plan?
  • Wer ist verantwortlich für die Ausführung?
  • Welche finanziellen Auswirkungen hat der Plan und sind diese berücksichtigt?
  • Ist der verabschiedete S&OP-Plan von der Exekutive abgezeichnet?
Vertriebspläne (Plan in Sales & Operations Planing)
  • Marketingplan
  • Produktionsplan
  • Vertriebsplan
  • Verteilplan
Operationspläne (Plan in Sales & Operations Planing)
  • Mitarbeiterplan (Ressourcen)
  • Bestandsplan
  • Shipment Plan
  • Operationsplan

Zum Schluss dieser Artikelreihe wünsche ich Ihnen bei der Umsetzung Ihrer S&OP-Strategie viel Energie und gutes Gelingen. Wie schon Aristoteles zu sagen pflegte:

Denn die Dinge, die wir erst lernen müssen, bevor wir sie tun, lernen wir beim Tun. – Aristoteles

Über diese Artikelreihe:

Wenn Sie Absatzplaner sind, sollten Sie die Dinge jetzt selbst in die Hand nehmen. In dieser Artikelreihe zeigen wir Ihnen Bereiche auf, in denen Sie Zeit sparen können. Wir benennen bekannte Planungsschwachstellen. Und wir zeigen Ihnen Lösungsmöglichkeiten. Alles in der Hoffnung, dass Ihr Tag länger werde. Damit aus einem gestressten Absatzplaner ein glücklicher Absatzplaner wird!

Bereits erschienen:

  1. Komplexität ohne Schnörkel
  2. Planungssysteme: ganz normaler Wahnsinn
  3. Zeit x Stress = gute Planung?
  4. Gute Planung auch im Zeitdruck?

Gerne gehen wir in dieser Serie auch auf Ihre Fragen und Anregungen ein. Schreiben Sie einfach einen Kommentar unter diesen Beitrag oder nehmen Sie Kontakt auf!

Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.

Kontakt: magazin@digitaltempus.com, www.digitaltempus.de

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