Qualitätsanspruch – noch zeitgemäß?

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Erinnern Sie Sich noch an die Zeit, als Sie für etwas innerlich gebrannt haben? Als Sie Stunde um Stunde an diesem persönlichen Wunder gefeilt haben, bis es endlich gut war? – Wann mussten Sie erkennen, dass diese Art Qualitätsanspruch heute nicht mehr oder kaum noch umsetzbar ist? Was ist nach dieser Erkenntnis mit Ihnen passiert und welche Konsequenzen haben Sie danach für sich und für Ihre Organisation gezogen? Und die entscheidende Fragestellung, die sich für den folgenden Beitrag daraus ergibt: Wie können Menschen in heutigen Unternehmen den einmal verwässerten Anspruch an Qualität wieder erhöhen? Geht dies überhaupt? 

DIN-Definition: Was heißt überhaupt ‚Qualität?‘

Qualität wird laut der Norm EN ISO 9000:2005 (der gültigen Norm zum Qualitätsmanagement) definiert als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“.

Quelle: Wikipedia

Wow! Soweit die offizielle Definition. Jetzt erwidern Sie vielleicht: Aber entsteht Qualität nicht aus besonders sorgfältigem Tun – aus etwas, dass oft mit „Liebe zum Detail“ umschrieben wird? Ist Qualität nicht das direkte Ergebnis dieser Liebe zum Detail?

Was wir gerne tun: Ist das automatisch gut?

Wir haben vermutlich alle schon den Merksatz gehört, der besagt, dass wir die Dinge gut tun, die wir gerne tun. Andererseits hat wohl jeder schon einmal den schnellen Weg gewählt. Dafür gibt es sogar ein Wort: Behelfslösung. Und solche Provisorien halten bekanntlich ewig. Dinge, die mit Liebe und Sorgfalt gemacht sind, benötigen dagegen ihre Zeit. Und dafür brauchen wir innere Hingabe. Nur dann sind wir bereit, die notwendige Zeit auch aufzubringen wird. Nur so kann am Ende etwas wirklich Gutes entstehen. Das gilt auch für berufliches und unternehmerisches Handeln.

Wenn wir das als gegeben annehmen, dann entstehen folgerichtig in allen Fällen von mangelnder Qualität mindestens zwei Fragen:

  1. Wurden die zu erledigenden Dinge gerne getan?
  2. War die zur Verfügung stehende Zeit ausreichend?

Hinzu kommt der subjektive Faktor. Denn unter „fertig“ versteht nicht jeder das Gleiche. Und was heißt schon „gut“? Was den einen ob des Ergebnisses jubeln lässt, löst bei dem anderen nur müdes Lächeln aus. Hier kommt die Leistungsklasse ins Spiel. In welcher Liga spielt der Einzelne, die Mannschaft, das Unternehmen? Was ist auf Anhieb machbar, was braucht mehr Übung? Denn einige Ergebnisse sind mit noch so viel Liebe vom Laien nicht erreichbar, für den Profi jedoch kein Problem.

Das Wesentliche ist mit DIN-Normen nicht beschreibbar

Damit sind wir immer noch nicht bei der Qualität, die in Unternehmen aus echter Begeisterung entsteht und dauerhaft bleibt. Denn zwar gibt es in vielen Bereichen, etwa der herstellenden Industrie, klare, nach DIN genormte Kriterien für die Bewertung und Steigerung von Leistung, ja, sogar eine klare Definition des zu Erreichenden und alle Schritte dorthin. Doch das Wesentliche ist damit nicht beschrieben, nicht alles kann damit erfasst werden.

Deswegen kann in der Bewertung letztlich immer nur der subjektive Qualitätsanspruch des Einzelnen entscheiden. Denn letztlich unterliegen täglich viele Arbeiten, für die es außer der subjektiven Bewertung keinerlei Maßstäbe gibt, unserem persönlichen Anspruch an uns selbst. Wir folgen einer inneren Stimme, einer Konditionierung. Die Fragen, die mich in diesem Zusammenhang umtreiben, sind diese:

  • Was ist zu tun, wenn der eigene Anspruch nicht erfüllbar ist, weil Kollegen und/oder Kunden schon mit wesentlich weniger zufrieden sind?
  • Ist es wirtschaftlich sinnvoll und/oder vertretbar, mehr zu tun als unbedingt notwendig?
  • Tragen wir mit hohen Ansprüchen an uns selbst nicht automatisch zu unserer eigenen Unzufriedenheit bei?

Und daraus folgernd: Ist am Ende nicht der Dumme, der Mittelmäßige, derjenige, der seine Leistung nicht kritisch hinterfragt, der Glücklichere? Ich behaupte: Nein, dem ist nicht so.

„Qualität“ entsteht, wenn das unternehmerische Handeln stimmt

Die Welt braucht Menschen mit Anspruch. Menschen, die für etwas brennen. Menschen, die sich nicht mit den erstbesten Ergebnissen zufrieden geben, sondern die Messlatte immer ein wenig höher legen. Solche Menschen braucht ein Unternehmen, das auf Dauer Qualität sichern will. Und diese Menschen zu finden und zu binden, sollte einen wesentlichen Teil des unternehmerischen Handelns bilden.

Bei den handelnden Personen im Unternehmen muss immer die eigene, freiwillige Bereitschaft vorhanden sein, die Leistung zu steigern. Allerdings sollte dies in Maßen geschehen, damit sich der Einzelne nicht an Dingen aufreibt, die er nicht ändern kann. Die vorhandenen Möglichkeiten müssen berücksichtigt werden. Wenn dies geschieht, findet eine langsame aber stetige und nachhaltige Verbesserung statt. Auf diesem Weg wird Qualität über viele Menschen zu einem kollektiven Gut, das allen hilft.

Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.

Kontakt: magazin@digitaltempus.comwww.digitaltempus.de

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