Gute Planung auch im Zeitdruck?

Time

Vom gestressten zum glücklichen Absatzplaner – Teil 4

Drei mögliche (Kern-) Probleme – und die Lösungsansätze dazu

Wie ist die Qualität der Planung, wenn die Zeit nie wirklich reicht? Diese Frage haben wir uns im vorigen Beitrag gestellt. Wie versprochen erhalten Sie hier eine Liste mit Problemen, die dem Absatzplaner, der täglich unter Zeitdruck steht, begegnen – und mögliche Lösungsansätze dazu.

Problem #1: Fehlender Überblick

Das Niveau, auf dem Sie planen, ist zu niedrig. Dies ergibt in der Konsequenz nicht nur sehr viele Zeitreihen. Diese sind auch oft extrem schwierig zu planen (dynamisch, sporadisch,…). Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.

Lösungsansatz:

Erstellen Sie höhere Aggregationsebenen, planen Sie diese und brechen sie die Planzahlen nach unten – Top-Down. Noch besser: erstellen Sie mehrere, der Planungsdiskussion entsprechende Ebenen und bringen diese später zusammen. Spätestens an dieser Stelle kommt ein Planungssystem zur Hilfe.

Problem #2: Zu wenig Zeit

Sie schöpfen die Möglichkeiten Ihres mit allen Wassern gewaschenen Planungssystems voll aus und nutzen die gesamte Breite der angebotenen Mathematik. Leider benötigen Sie für die Parametrisierung und Überprüfung der komplexeren mathematischen Modell aber auch mehr Zeit.

Lösungsansatz:

Verringerung der Komplexität. Haben Sie einmal den Versuch unternommen und die Prognose aus Ihrem Holt-Winters-Verfahren gegen einen gleitenden Mittelwert verglichen? Sollte letzterer bei der gegebenen Historie bessere Ergebnisse liefern, würden Sie nicht nur Zeit sondern auch eine Menge Geld sparen können.

Komplexe Modelle sollten nur gezielt eingesetzt und einem Monitoring unterzogen werden. Ohne die mitlaufende Überprüfung der Ergebnisse, sollte überhaupt keine Planung gemacht werden. Die Frage muss immer lauten: Wie kann ich planen und steuern ohne zu kontrollieren?

Sie teilen Ihre Planungsreihen in gut, mittel und weniger gut planbare Artikel und gehen entsprechend vor. Diese, an der Planbarkeit des Portfolios ausgerichtete Vorgehensweise erlaubt Ihnen zu jeder Zeit den Überblick zu bewahren, in dem Sie sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Ganz konkret gesprochen: Wir unterteilen das Planungsportfolio (an dieser Stelle ist schon das Aggregationsniveau wichtig) in 3-5 Grundmuster – stark sporadisch, dynamisch, stabil, sehr stabil, …. und wählen dann ein entsprechendes Modell aus. Letztlich simulieren wir die ‚richtige‘ Kombination über viele Rechenläufe.

Problem #3: Keine einheitlichen Zahlen

Der finale Prozessteil, bei dem sich alle auf die eine Prognose einigen, ist nicht klar beschrieben und etabliert. Diskutieren Sie Ihre Absatzplanzahl mit den Kollegen aus dem Marketing, Vertrieb, der Supply-Abteilung und einigen Sie sich auf die eine Zahl? Oder ist es nicht eher so, dass man über Zahlen spricht, sich im Grunde aber doch nicht vertraut? Jeder nutzt am Ende das eigene Material.

Lösungsansatz:

An dieser Stelle befinden Sie sich im Bereich der Vertriebs- und Operationsplanung (englisch Sales and Operationsplanning oder kurz S&OP). Zu diesem Thema gibt es Unmengen von Abhandlungen und noch mehr (Experten)-Meinungen. Erste Abhilfe könnte das folgende Modell liefern, das die Unternehmensberatung Oliver Wight in den 1980-ern entwickelt hat.

Sales and Operations Planning – Vertriebs- und Operationsplanung

  • Die Vertriebs- und Operationsplanung ist ein geschäftsübergreifender Gesamtprozess.
  • Es gibt mehrere Implementierungsebenen (meistens 1-4), diese unterscheiden sich durch die vertikale Vertiefung.
  • Je höher die Implementierungstiefe (Ebene), desto höher die Wahrscheinlichkeit durch Effizienzen Wertschöpfung zu erzielen.
  • Benötigt die Kommunikation und den Informationsaustausch zwischen allen Geschäftsbereichen.
  • Benötigt Mitarbeiterschulung und -entwicklung.
  • Benötigt unterstützende Software und Daten.
  • S&OP ist als Weg zu verstehen und kann nicht durch einen Softwarekauf erreicht werden.

Am Ende entscheidet aber das Ergebnis, entscheidet die Qualität der Zahlen, mit denen Sie aus Ihrer Planung in die Umsetzung gehen. Diese ist abhängig vom Prozess, den Systemen und den teilnehmenden Menschen. Planung ist nur der Versuch, der Realität nahe zu kommen. Sie liefert den roten Faden für den gesamten Prozess.  Dass Sie Abweichungen haben werden, ist nicht die Frage. Denn die werden Sie haben. Die Frage ist, ob Sie diese erkennen!

Beobachten Sie Abweichungen vom Plan und machen Sie Notizen, um in geeigneter Weise gegensteuern zu können – Performance Monitoring der Schlüsselindikatoren oder KPI (Key Performance Indicators).

Finden Sie die Antworten auf die folgenden Fragen. Nutzen Sie die Ergebnisse, um sich zu verbessern!
  • Auf welcher Ebenen der S&OP Maturity Skala befindet sich Ihr Unternehmen?
  • Wer ist/sind die Sponsoren in der Exekutive?
  • Gibt es einen Visionär für die Umsetzung?
  • Ist bereits ein Zeitrahmen und ein Budget für die Umsetzung verabschiedet?
  • Welche Prozesse werden im Unternehmen bereits genutzt und wo sind diese S&OP seitig einzuordnen?
  • Welche Systeme werden bereits im Unternehmen eingesetzt und wie passen diese in eine mögliche S&OP Strategie?
  • Verstehen die Mitarbeiter S&OP, gibt es einen Umsetzungskonsenz?

Detaillierte Einblicke in das Thema Vertriebs- und Operationsplanung liefert der folgende Beitrag, der fünfte und letzte in dieser Serie.

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Über diese Artikelreihe:

Wenn Sie Absatzplaner sind, sollten Sie die Dinge jetzt selbst in die Hand nehmen. In dieser Artikelreihe zeigen wir Ihnen Bereiche auf, in denen Sie Zeit sparen können. Wir benennen bekannte Planungsschwachstellen. Und wir zeigen Ihnen Lösungsmöglichkeiten. Alles in der Hoffnung, dass Ihr Tag länger werde. Damit aus einem gestressten Absatzplaner ein glücklicher Absatzplaner wird!

Bereits erschienen:

  1. Komplexität ohne Schnörkel
  2. Planungssysteme: ganz normaler Wahnsinn
  3. Zeit x Stress = gute Planung?

Gerne gehen wir in dieser Serie auch auf Ihre Fragen und Anregungen ein. Schreiben Sie einfach einen Kommentar unter diesen Beitrag oder nehmen Sie Kontakt auf!

Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.

Kontakt: magazin@digitaltempus.com, www.digitaltempus.de

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