Emergenz, was ist das jetzt wieder?

Emergenz in der Natur

Oder: Ihr Unternehmen ist mehr als die Summe seiner Teile!

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem höchst interessanten Phänomen der Emergenz und dessen Auswirkungen auf Unternehmen. Aber beschäftigen wir uns doch zunächst einmal mit dem Begriff selbst. Was ist eigentlich Emergenz?  

Auf Wikipedia steht hierzu:

Die Emergenz (vom lateinischen emergere für „das Auftauchen“, „das Herauskommen“ oder „das Emporsteigen“) ist die spontane Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften des Systems nicht – oder jedenfalls nicht offensichtlich – auf Eigenschaften der Elemente zurückführen, die diese isoliert aufweisen. – wikipedia
Der folgende Kurzfilm (in englischer Sprache) schafft mehr Klarheit über das Phänomen: emergence  

In Kürze könnte man Emergenz also wie folgt beschreiben:

Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile.

(... was übrigens bereits von Aristoteles erkannt wurde.) Was dies für ein Unternehmen bedeutet, welche Auswirkungen sich hierdurch auf die bestehenden Unternehmensteile, Prozesse und Menschen ergeben, werden wir beleuchten.

Effizienz und Emergenz

Der übliche Ablauf vor dem Start eines Beratungs-, Optimierungs- oder Effizienzgewinnungsprojektes in einem Unternehmen ist etwa immer so:

Der übliche Ablauf:
  1. Die Führungsetage erkennt, dass die Zeit gekommen ist, um Kosten zu reduzieren.
  2. Der Führungskreis akzeptiert, dass es suboptimal eingestellte Abläufe im Unternehmen gibt.
  3. Man findet und beauftragt ein geeignetes Beratungsunternehmen, die Schwachstellen zu finden und zu beseitigen.
  4. Das Beratungshaus führt Gespräche mit allen Beteiligten, analysiert Daten in Excel-Spreadsheets, ändert und ergänzt Prozesse.
  5. ...

Erwartung:  Einzelteile repariert - alles wird besser!

Das Unternehmen im Ganzen soll nach diesem Prozess nun effizienter funktionieren.Die implizierte Erwartung ist hier in etwa die folgende: Wir finden und reparieren die Einzelteile, dann funktioniert auch das große Ganze. Der Vertrieb bekommt einen veränderten Prozess, Marketing ändert die Regeln und schon ist alles gut. Die für das Unternehmen definierten Umsatzziele sind nun gesichert. Und wenn das nicht so klappt, wie man es sich vorgestellt hat?

Hier kommt die Emergenz ins Spiel!

Ja, und hier wird es nun problematisch. Wenn man die einzelnen Teilprozesse daraufhin untersucht, warum die Unternehmensziele nicht im erwarteten Ausmaß erreicht wurden, kommt man unter Umständen nicht weiter. An dieser Stelle setzt der Emergenzgedanke an:

Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile. Das Ganze, das Unternehmen unterliegt einer eigenen Dynamik. Diese setzt sich aus der Summe der Teile, plus vieler auf unterschiedlichen Ebenen liegenden Regeln zusammen.

Und genau das macht es so schwierig.

Betrachten wir einmal diese Dynamik genauer:

Es ist schon kompliziert genug, die verschiedenen Geschäftsbereiche eines Unternehmens an einen Tisch zu bekommen. Es ist enorm schwierig, jeden einzelnen Geschäftsbereich zu optimieren. Wie aber sollte es dann erst möglich sein, jede Auswirkung einer Änderung an Teilen auf das Gesamtbild zu bewerten? Die schiere Menge von internen und externen Abhängigkeiten macht dieses Unterfangen fast unmöglich - zumindest mit herkömmlichen Methoden. Ein paar Gespräche, ein paar strategische Anweisungen und Analysen reichen jetzt nicht mehr.

Jetzt bewegen wir uns im Bereich komplizierter Szenarioplanung; einer Szenarioplanung, die neben einem hohen Anspruch an Fachkompetenz und Kommunikationsvermögen ohne leistungsfähige Simulationssoftware nicht möglich ist.

Wie sähen die nächsten Schritte aus?

Das müsste geschehen:
  1. Identifikation und Darstellung des Unternehmens und aller Teilbereiche.
  2. Identifikation und Darstellung aller Prozesse und Kommunikationsschnittstellen.
  3. Definition der Bewegungsrichtung für das Unternehmen - Plan - unter der Berücksichtigung von unterschiedlichen externen Einflüssen. Szenarien.
  4. Detailliertes Monitoring, um Abweichungen vom Plan erkennen zu können.
  5. Änderung in den Teilbereichen, mit stetig stattfindender Kontrolle der Gesamtrichtung.
  6. Trial and Error bis das gewünschte Ergebnis eintritt.

Wie soll das funktionieren?

Wie geht das bei einem Unternehmen im Wettbewerb und angesichts der gegebenen Komplexität? Unmöglich. Zumindest im klassischen Sinne. Es müsste ein Weg gefunden werden, alle wesentlichen Bereiche über Schlüsselindikatoren beschreibbar und bewertbar zu machen. Diese Indikatoren müßten weiterhin innerhalb einer Szenariosimulation als Bewertungsgrösse genutzt werden, um die Gesamtänderung zu indentifizieren.
Dem Autor ist kein System und kein Ansatz bekannt, der die aufgezeigte Thematik nur ansatzweise adressieren würde. Es scheint also, dass das Thema Emergenz zwar existiert, aber bisher ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung vorbehalten ist. Wie könnte man das ändern? Was wären die nächsten Schritte? Darüber denken wir bei Digital Tempus intensiv nach.
Deswegen würde ich mich über Ihre Gedanken und Anregungen freuen. Bitte schreiben Sie einen Kommentar unter diesen Beitrag oder nehmen Sie Kontakt auf! 
Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung. Kontakt: magazin@digitaltempus.comwww.digitaltempus.de
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