Erfolg in Beratungsprozessen: Der Weg ist das Ziel – und Modelle helfen

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Statuspräsentationen, erhitzte Diskussionen und Führungskräfte, die trotz mehrfachem Briefing immer noch keinen echten Überblick haben und deshalb extrem ungehalten sind: Jeden Tag wiederholt sich auf der ganzen Welt im Rahmen von komplexen Beratungsprozessen das gleiche Spiel. Obwohl seit Jahren große Mengen an Geld und Zeit aufgezehrt werden, sind die Ergebnisse von Beratungsprojekten am Ende doch immer noch stark vom Zufall abhängig. Doch woran liegt das?

Warum reicht es nicht, dem Berater (dies sind in der Regel viele Personen) die Zieldefinition(en) nahezulegen und mit Nachdruck auf das Ergebnis zu pochen? Diamanten entstehen doch schließlich auch unter Druck! Eine einfache Antwort hierauf scheint es nicht zu geben.

Allerdings hilft in vielen Fällen schon eine differenziertere Betrachtung. Dann wird nämlich schnell klar, dass es im Fall des spezifischen Projektes gar nicht so sehr um das Endergebnis geht, als vielmehr um das jeweilige Verständnis für den gegenwärtigen Projektfortschritt. In den meisten Fällen gilt:

Beratung muss als Weg verstanden werden, nur so kann sie funktionieren.

Der Beratungsweg am Beispiel S&OP in der Industrie

Schauen wir uns das an einem Beispiel aus der Industrie an: Ein herstellendes Unternehmen hat sich endlich entschlossen, die gesamte Planung und operative Steuerung auf eine neue Ebene zu heben. Die Entscheidung, Sales & Operations Planning (Vertriebs- und Operationsplanung) einzuführen, steht fest. Die üblichen Verdächtigen, einschließlich der IT, haben die notwendigen Spezifikationen zusammengetragen, Zielvorstellungen gesammelt, mit Herstellern gesprochen – das volle Programm eben.

ZEITSPRUNG …

Zwei Jahre später nun haben wir geschulte Mitarbeiter („People“), auf allen Ebenen implementierte Prozesse („Process“) nebst komplettem Kompendium, sowie ein oder mehrere ineinandergreifende Planungssysteme („Technology“). Zwischendrin und ohne großes Aufsehen wurde natürlich auch noch eine Vielzahl von spezifischen Ausnahmeregeln im System implementiert. Diese waren insbesondere für die Mitarbeiter an den anderen Standorten (wir sind ein „Multi-National“) wichtig.

Dies alles in nur zwei Jahren. Projekt abgeschlossen. Geht doch!

Fertig? Wirklich?

Glauben Sie das wirklich? Wann hat sich Ihrer Erfahrung nach etwas wirklich Komplexes (und Ihr Planungsprozess ist komplex) im ersten Versuch und ohne weitere Modifikationen abbilden lassen? Und selbst wenn wir hypothetisch davon ausgehen würden, dass dies möglich ist: Würde dies Sinn ergeben? Da doch all unser Tun einem ständigen Wandel unterworfen ist und auch Wandel produziert, kann es gar kein „Fertig“ geben.

Wenn Sie mir mit dieser Logik folgen, dann sollten Sie auch kein Problem damit haben zu akzeptieren, dass sich komplexe Projektimplementierungen erst über viele Iterationen (zuzusagen asymptotisch) dem Optimum und damit dem „Fertig“ nähern. – Sie erkennen den Ansatz, den es zu beschreiben und begreifen gilt?

Anstatt komplexe Projekte in einem Anlauf in Angriff zu nehmen, um schnell zu einem statischen Ende zu kommen, ist es viel sinnvoller und zielgerichtet, sich von Anfang an der iterativen Natur bewusst zu sein und diese mit einzuplanen. In der Softwareentwicklung wird dies bereits viele Jahre sehr erfolgreich umgesetzt. Es geht um sogenannte agile Methoden.

Die bekanntesten Erstunterzeichner dieses Vorgehensmodells dürften Kent Beck, Schöpfer des Extreme Programming (XP), Wiki-Erfinder Ward Cunningham, der hinter der Software-Craftsmanship-Bewegung stehende Robert C. Martin , die Scrum-Begründer Jeff Sutherland und Ken Schwaber sowie die bekannten Buchautoren und Softwareentwickler Martin Fowler, Andrew Hunt und David Thomas sein. Diese Namen standen schon 2001 für umfassende Projekterfahrung. (Quelle C’t 12.02.2011 08:15)

Im Zentrum stehen vier Leitsätze:

  1. Die Beteiligten und ihre Zusammenarbeit sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
  2. Lauffähige Software hat Vorrang vor umfassender Dokumention.
  3. Die Zusammenarbeit mit den Kunden ist wichtiger als Vertragsverhandlungen.
  4. Anforderungsänderungen gehen vor sturer Verfolgung eines Plans

Noch besser mit Modell

Haben Sie sich schon einmal mal die Frage beantwortet, warum jeder Wolkenkratzer, jedes Auto, Flugzeug, eben alles Komplexe zunächst am Computer als Modell erstellt wird? Sie sagen wahrscheinlich: „Weil diese Dinge extrem komplex sind!“ Warum aber soll dies dann nicht auch für Ihre neu zu schaffende Planungslandschaft und Prozessimplementierungen gelten? Warum nicht? Nur weil es hierfür kein System aus der Box gibt?

Denken Sie bitte einmal kurz darüber nach, wieviel Geld Sie hätten sparen können, wenn Sie den Ausgang Ihres Projektes am Modell hätten planen können. Wieviel Frust und Unklarheit Sie von vornherein hätten vermeiden können. Für das abgelaufene Projekt und sein unbefriedigendes, scheinbares „Fertig“ mag es zu spät sein. Für das nächste können Sie es besser machen. Erfolgreicher. Indem Sie mehr Aufmerksamkeit auf den Weg legen. Indem Sie mit Modellen arbeiten. Indem Sie den Prozess weiter verfolgen, statt vorschnell „Fertig!“ zu rufen.

Der Autor: Dirk Liebich ist Managing Director und Gründer von Digital Tempus. Digital Tempus betreut mit Standorten in den USA und in Europa weltweit agierende Unternehmen und Konzerne in der Vertriebs- und Operationsplanung.

Kontakt: magazin@digitaltempus.com, www.digitaltempus.de

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